Es gibt sie mit Punkten, Flamingos, maritimen Mustern oder ganz schlicht: Masken sind vom notwendigen Übel zum Modeaccessoire und politischen Statement avanciert. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis sie designtechnisch auch in der Oper ankommen. Dass sie das geschafft haben, ist vor allem Babette Hierholzer zu verdanken. Die Pianistin lebt seit knapp 30 Jahren in New York, wo die Menschen besonders stark von der Corona-Pandemie betroffen waren. Nach ihrer Aussage bestand in der Metropole ein großer Mangel an Masken. „Man hatte das Gefühl, die wenigen im Handel erhältlichen Exemplare sollten dem medizinischen Personal vorbehalten sein.“

Den Maria Callas-Stoff bekam Babette Hierholzer von Mezzosopranistin Anna Tonna © Privat
Den Maria Callas-Stoff bekam Babette Hierholzer von Mezzosopranistin Anna Tonna © Privat

So nähte sie zunächst aus der Notwendigkeit heraus eigene Masken und verwendete dafür Stoffreste, die sie noch zu Hause hatte – unter anderem solche mit Kolibri-Motiven aus dem Metropolitan Museum. Da die Pianistin aber wegen der anhaltenden Pandemie alle Konzerte für das restliche Jahr absagen musste, begann sie ab Ende März immer mehr Masken zu nähen. Gleichzeitig hat sie Stoffe mit Musikinstrumenten oder Komponisten aus dem Internet erstanden. Nach kurzer Zeit bekam sie Unterstützung von ihrer langjährigen Freundin, der Mezzosopranistin Anna Tonna, die selbst verschiedene Stoffe mit Opernmotiven – beispielsweise von Maria Callas –, aber keine Nähmaschine hatte. Bis heute hält die Zusammenarbeit an.

Babette Hierholzer: „Anfangs gab es weder Gummibänder noch Metalldrähte“

Babette Hierholzer hat auch nach dem Rückgang der Neuinfektionen in New York weiterhin Masken genäht und mittlerweile mehr als 900 Stück produziert. Auch wenn es für sie nicht immer einfach war: „Anfangs gab es weder Gummibänder noch Metalldrähte. So habe ich die Metalldrähte von den Verschlüssen großer Mülltüten verwendet.“ Mehrere hundert ihrer selbstgenähten Masken hat sie an das German Forum gespendet, eine Organisation, die junge Musiker zu Debütkonzerten nach New York einlädt und deren Artistic Director sie ist. Auch die Navajo Nation beliefert sie.

200 ihrer selbstgenähten Masken spendete Babette Hierholzer an unsere concerti-Redaktion © Privat
200 ihrer selbstgenähten Masken spendete Babette Hierholzer an unsere concerti-Redaktion © Privat

Inzwischen näht Babette Hierholzer nicht mehr nur die Masken selbst, sie produziert auch ihre eigenen Stoffe. Und die kommen quasi direkt aus ihrem Garten: „Anna und ich haben Produzenten gefunden, bei denen man seine eigenen Muster herstellen kann. Allerdings ist das Copyright in den USA so streng geregelt, dass ich beschlossen habe eigene Fotos von den Blumen aus meinem Garten zu verwenden.“

Masken als „fashion statement“

Anna Tonna hat auf Facebook die Seite „Oper Community ‚In Maschera‘“ gegründet. Dort teilt sie regelmäßig Beiträge und hält ihre Follower über die Entwicklungen in der Musikindustrie auf dem Laufenden. Außerdem bittet sie die Musiker und Künstler, welche die von Hierholzer genähten Masken tragen, Fotos auf der Facebook-Seite zu teilen, um ihre Solidarität und Unterstützung in der Sache zu zeigen. Mit den Hashtags #Icareforyou, #Youcareforme, #Operasingerscare, #Protectivemask und #Leadbyexample möchte sie auch das Publikum außerhalb der Klassik-Szene erreichen.

Babette Hierholzer hat mittlerweile über 900 Masken produziert © Privat
Babette Hierholzer hat mittlerweile über 900 Masken produziert © Privat

Das Ziel der beiden Musikerinnen ist es, das Bewusstsein in der Bevölkerung zu stärken. „Masken sind absolut relevant und wichtig in einer Pandemie“, erklärt Hierholzer. „Schnell wurde daraus ein ,fashion statement‘, denn durch schöne Stoffe erreicht man die Menschen leichter als mit Argumenten.“ Für Tonna ist auch der Zusammenhalt in der Community wichtig: „Wir hoffen, dass wir Liebhaber der Oper und der klassischen Musik, aber auch die Musiker selbst mit unserer Botschaft der Solidarität erreichen, um alle während dieser Krise moralisch zu unterstützen.“ Mehr denn je sei es jetzt notwendig, an die Gemeinschaft zu denken. „Und wenn die Menschen unsere Masken tragen, vermitteln sie sogar eine weitere Botschaft: Dass Musik und Kunst heilsam sind.“

Aufmacherbild: Privat