Neujahr, viertel nach elf: „Einen wunderschönen Vormittag und ein gutes neues Jahr. Ich begrüße Sie sehr herzlich beim Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker“. So oder ähnlich tönt es auch am 1. Januar wieder aus vielen Wohnzimmern. Seit über 75 Jahren heißen die Wiener Philharmoniker nun schon das neue Jahr willkommen. Walzer und Polka aus der Strauss-Dynastie und deren Zeitgenossen haben als Programmpunkte eine lange Tradition. Doch nicht nur in Wien trotzt man dem Silvester-Kater mit Konzerten.

In Berlin greift man zu viel Blech. Das mittlerweile traditionelle Neujahrskonzert von WorldBrass im Kammermusiksaal trägt in diesem Jahr den Beinamen „TimeTravels“: Die Zuhörer dürfen sich auf einen Streifzug von der deutschen Romantik über die amerikanische Jazz- und Swingzeit bis hin zu Bebop und Raggae à la Bob Marley freuen. Das Saarländische Staatsorchester hingegen begrüßt das neue Jahr mit amerikanischem Drive. „I Got Rhythm“ heißt ihr Programm mit der jungen isländischen Sopranistin Herdís Anna Jónasdottir. Aber auch hier darf der Radetzky-Marsch nicht fehlen, wenn Nicholas Milton mit dem Staatsorchester in Saarbrücken zum Neujahrskonzert einlädt. Und sollten sich am Neujahrsabend noch Überreste eines Silvesterkaters bemerkbar machen, werden diese mit Bernsteins schwungvoller Ouvertüre zu „Candide“ garantiert vertrieben.

SektglasBeschwingt und leichtfüßig geht es auch am Bodensee ins neue Jahr: Die Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz hat sich für ihr Programm den passenden Titel „Sports et Divertissement“ ausgedacht und Marije Nie mit an Bord geholt. Die Amsterdamer Stepptänzerin tanzt nicht nur, sie musiziert mit den Füßen! Wem das zu anstrengend ist, der ist in Hannover genau richtig: „Man sollte jedesmal bei so einem klassischen Abend zur Erholung des kleinen Mannes einen schönen Strauß-Walzer, Tölzer Schützenmarsch oder Glühwürmchen-Idyll dazwischen spielen“, sagte einst Karl Valentin. Diese Forderung nahm sich Das Neue Ensemble zu Herzen und spickt ihr Neujahrskonzert seit 2005 mit den entsprechenden Erholungspausen – zwischen Werken der zeitgenössischen Komponisten Ricardo Nillni und Nicolas Tzortzis sowie Mauricio Kagels „Märsche, den Sieg zu verfehlen“.

Ein „etwas anderes Neujahrskonzert“ verspricht das Ensemble Blechschaden in Hamburg. Das Publikum soll eine „Mischung aus Last Night of the Proms und Wiener Neujahrskonzert“ erwarten. Wer im neuen Jahr hingegen weder Lust auf Experimente noch auf Polkafreuden aller Art hat, auf den wartet im Gewandhaus Leipzig ein Klassik-Wunschprogramm – zumindest auf den ersten Blick: Smetanas „Moldau“, Tschaikowskys Violinkonzert und Dvořáks Sinfonie „Aus der Neuen Welt“. Einziger Haken an diesem scheinbar vorhersehbaren Konzertnachmittag: Mittels eines „Videotracks“, eine Art visuelle Ergänzung mit Live-Bildern, wird versucht, noch etwas mehr Dynamik in den Konzertsaal zu bringen.

In Darmstadt hingegen verzichtet man auf jegliche visuelle Aufpeppung, soll das Publikum doch am besten selbst für den nötigen Schwung sorgen: Festlich, unterhaltsam und interaktiv wird es beim Neujahrskonzert des Konzertchors Darmstadt zugehen. Zusammen mit seinem Gründer und Leiter Wolfgang Seeliger sowie dem Beethoven Akademie Orchester aus Krakau serviert der Konzertchor ein buntes Programm, bei dem Hits von Mendelssohn und Brahms nicht fehlen und das Publikum auch mal bei klassischen Walzern zum Tanz aufgefordert wird und mit allerhand ungewöhnlicher Aktionen rechnen darf – es wird auch Auftritte von Artisten geben.

Ein absolutes Highlight zum Jahreswechsel (oder auch schon zu Silvester) ist für viele aber nicht im Dreiviertel-Takt zu finden, sondern in Beethovens letzter Sinfonie. Sein Wunsch war es, den Menschen „einen feierlichen Tag“ zu bereiten. Mit seiner Botschaft von der Brüderlichkeit aller Menschen bringt Kevin John Edusei dieses Klangfeuerwerk in München am Neujahrstag zum erstrahlen.

Luftschlangen

Und alle, die jetzt noch nicht sicher sind, ob sie in den ersten Tagen im neuen Jahr schon wieder fit genug für einen Konzertbesuch sind: Kein Grund zur Panik! Denn am 22. Januar gibt es in der Stadthalle Rheinberg mit den Bergischen Symphonikern noch ein Neujahrskonzert mit dem vielversprechenden Titel „Wiener Bonbons“.

Prosit Neujahr!