Musikalischen Harmonielehre und architektonische Proportionstheorie
Dem antiken Verständnis nach, beruhen Musik und Architektur auf klaren Ordnungsstrukturen. Diese lassen sich in Form von Zahlenverhältnissen ausdrücken, sowohl in der musikalischen Harmonielehre als auch in der architektonischen Proportionstheorie. Vor allem für die Pythagoräer (5. Jh. v. Chr.) stellten Zahlen das Gesetz der Welt dar. In ihnen sahen sie auch das Gesetz des Schönen. „Sie glaubten, die Prinzipen der Mathematik seien auch die Prinzipien allen Seins […] und der ganze Himmel sei Harmonie und Zahl“ berichtete Aristoteles (384-322 v. Ch.). Diese Zahlenästhetik wurde für die Musik und Architektur in den nachfolgenden Jahrhunderten bestimmend.
Im 1. Jahrhundert v. Chr. forderte der römische Architekt Vitruv sogar, dass ein Architekt zunächst die Musiktheorie zu verstehen habe damit auch ihre insgesamt sechs konsonanten Intervalle. Diese benutzte Vitruv beispielsweise zur Berechnung der Seilspannung von Katapulten oder zur Größenangabe von Schallgefäßen im Theater – die Oktave etwa steht im Frequenzverhältnis 2:1. Die Zahlenproportionen der Musik spiegelten sich also auch in der Baukunst der griechischen Antike wider.
Ästhetik – nur eine Frage des persönlichen Geschmacks?
Mit dem Rationalismus trat nach vielen Jahrhunderten schließlich eine Wende ein: Nach und nach wurde die Annahme, Schönheit beruhe auf unveränderlichen Zahlenverhältnissen, in Frage gestellt. Ästhetik sei vielmehr eine Theorie des subjektiven Geschmacks und unterliege der persönlichen Empfindung. Der französische Architekt Claude Perrault (1613-1688) nahm am heftigsten Stellung gegen die Auffassung, Schönheit beruhe auf Zahlenverhältnissen. Friedrich Wilhelm Joseph Schellings (1775-1854) romantische These, Architektur sei „erstarrte Musik“, ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Er meinte, dass „ein schönes Gebäude in der That nichts anderes als eine mit dem Aug empfundene Musik, ein nicht in der Zeit, sondern in der Raumfolge aufgefaßtes (simultanes) Concert von Harmonien und harmonischen Verbindungen“ sei. Im Laufe des späten 18. Jahrhundert gewann die Musik mehr und mehr an Bedeutung. Vor allem in Deutschland rangierte sie vor Architektur, bildender Kunst und Literatur.
Bauhaus und Maschinenmusik
Die fortschreitende Industrialisierung schließlich spielte sich nicht nur in Bereichen wie etwa der konstruktivistischen Phase der Bauhaus-Architektur wider, sie hinterließ auch in der Musik ihre Spuren. Die Maschine als ein perfekt funktionierender Apparat und Ausdruck des modernen großstädtischen Lebens spiegelte sich beispielsweise in den frühen Formen der Maschinenmusik der 1920er-Jahre wider: Eric Saties „Parade“, Edgard Varèses „Amérique“ oder Paul Hindemiths Komposition für „Das Triadische Ballett“ von Oskar Schlemmer für mechanische Orgel.
Musik als Grundlage der Architektur
Wie eng Musik und Architektur nun aber tatsächlich miteinander verwoben sein können, zeigt der schweizerisch-französischer Architekt Le Corbusier (1887-1965). Er bezeichnete Musik und Architektur als Schwestern und nahm an, dass ihre Proportionen auf die gleiche Art wahrgenommen würden. Sein Schüler Iannis Xenakis (1922-2001), der auch Komponist gewesen ist, führte mit seiner Komposition „Métastasis“ (1953/54) die Proportionslehre in die Neue Musik ein. Die grafisch notierten Klänge der Streicher regten ihn an, den Philips-Pavillon der Expo 58 in Brüssel aus gekrümmten Schalen zu entwerfen. Das von Le Corbusier errichtete und mit Edgar Varèses Tonband-Komposition „Poème électronique“ akustisch ausgestaltete Gebäude wurde schließlich zum Ausgangspunkt für die Entwicklung von Klangkunst und Multimedia.
„Wenn all diese Komponenten optimal zusammen wirken, kann Kunst entstehen“
Künstler sind oft in vielen Disziplinen zu Hause. Auch für Christopher Lehmpfuhl spielt Musik eine wichtige Rolle. „Ich finde es spannend, verschiedene Interpretationen desselben Werks von unterschiedlichen Interpreten, mit Originalinstrumenten oder mit modernen, zu vergleichen, zu analysieren und immer wieder auch neue zu hören. Ich versuche auch immer, mich weiterzuentwickeln. Ich will nicht stehenbleiben, und schaue ständig, welche neuen Interpreten auf dem Markt sind. So gesehen ist Musik ein wichtiger Teil von mir, ja eine Passion und sie baut mich auf, gibt mir Kraft und auch Trost.
In seinen Bildern gibt Christopher Lehmpfuhl Motive unserer unmittel-baren Realität wieder. „Überall sehe ich Bewegung, Raumtiefen, Formen und unterschiedliche Lichttempe-raturen. Auch die Atmosphäre, die Geräusche und Gerüche eines Ortes spielen für mich eine entscheidende Rolle. Wenn all diese Komponenten optimal zusammen wirken, kann Kunst entstehen“, erzählt Lehmpfuhl. Alle seine Arbeiten sind vor dem Motiv entstanden. In der Tradition der impressionistischen Freilichtmalerei sucht sich Lehmpfuhl seinen Stand-punkt, seinen Blick auf das Motiv und fertigt die Bilder dann direkt dort – bei Wind, Wetter, Regen, Kälte und oft mit neugierigen Blicken im Rücken, die die Bewegungen des farbverschmier-ten, in seine Malkleidung gehüllten Künstlers verfolgen.
Seine Bilder bleiben dem Figurativen stets verhaftet
Meist benutzt er dabei die Finger – im Laufe seiner Entwicklung verzichtete er zunehmend auf den Pinsel. So sei der Abstand zur Leinwand verkürzt, man sei direkt auf der Leinwand und unmittelbar an der Malerei, habe ein anderes Gespür zur Farbe, bemerkt Lehmpfuhl. Aus der Nähe betrachtet wirken die Arbeiten äußerst abstrakt, man muss einen Schritt zurücktreten, damit sich der Gegenstand herauskristallisiert. Dieser ist jedoch immer vorhanden – Lehmpfuhls Bilder bleiben dem Figurativen stets verhaftet, betrachten ein Sujet von verschiedenen Seiten. So auch die Elbphilharmonie.
Den Elbphilharmonie-Zyklus präsentieren wir Ihnen exklusiv in einer Vernissage mit Künstlergespräch am 13. Januar 2017 ab 17:30 Uhr in der Hauptkirche St. Katharinen, Katharinenkirchhof 1, 20457 Hamburg
Anmeldungen per E-Mail an: vernissage@concerti.de