Am 28. Januar fiel in Stuttgart der letzte Vorhang für das wohl beliebteste Kindermädchen der Welt. Kaum hatte der letzte Gast den Zuschauerraum verlassen, ging es mit dem Umzug auch schon los. Statt die gelungene letzte Vorstellung zu feiern, wurde überall im Schichtbetrieb tagelang fleißig geschraubt und gepackt. Im Unterhaltungssegment ist Zeit schließlich bares Geld. Viele der aufwendigen Bühnenbauten lassen sich zudem nicht einfach so in Einzelteile zerlegen.
Die Technik und „Mary Poppins“
Das überdimensionale Puppenhaus der Familie Banks etwa, das sich während der Show nach oben und vorne und zu den Seiten aufklappen und verschieben lässt, ist bis zu acht Meter breit und sieben Meter hoch – und entspricht damit den Maßen eines kleines Einfamilienhauses. Und dann wäre da noch Mary Poppins berühmter Regenschirm mit dem Papageienkopf, der auch als überdimensionale Kulisse mit einem Durchmesser von neun Metern alles andere als einfach abzubauen ist.
Hinzu kamen dann noch die 48 Maschinen, die während der Vorstellung die Bühnenkulissen zu 52 Bildern zusammenfügen und dabei 355 Bewegungen machen. Und natürlich Hunderte von Kostümen, die oft sehr vorsichtig behandelt und verpackt werden mussten. Schließlich sind ja allein an den Kostümen der Laternenanzünder über 6.000 Swarovski-Sterne verarbeitet, die bitte auch komplett die Hansestadt erreichen sollten.
Mit zwanzig Lastwagen nach Hamburg
Etwa eine Woche nach der Stuttgarter Dernière konnten sich zwanzig Lastwagen auf den Weg gen Hamburg machen. Die Darsteller indessen kamen schon vorher an der Elbe an: Offizieller Probenstart war der 1. Februar. Um derart flott anfangen zu können, führte Stage Entertainment das Casting des kompletten Ensembles schon Monate vor der Hamburg-Premiere durch – und schickte sie nach Stuttgart, wo sie nicht nur ihre Rollen lernten, sondern dort auch bereits auf der Bühne standen. Wobei unter anderem die beiden Hauptdarsteller Elisabeth Hübert und David Boyd nicht extra für Hamburg ausgewählt wurden, sondern einfach ihre Verträge verlängerten und mit umzogen.
Das Ensemble war also schon vor Probenstart ein sehr gut eingespieltes Team. Trotzdem waren Proben extrem wichtig, schließlich ist jedes Theater anders. Man muss sich also an die jeweiligen Bühnengegebenheiten anpassen – was dann auch schon mal Auswirkungen auf die Choreografie haben kann. Während auf der Probenbühne fleißig geübt wurde, richteten die Techniker und das Stage Management die Bühne ein. Kulissenfahrten mussten programmiert, Sicherheitsseile installiert und die Beleuchtung getimt werden. Musicals in dieser Größe leben schließlich von Perfektion, die reibungslose Abläufe zwingend voraussetzt.
Schreckmoment beim Musical
Damit zu einer Premiere alles so gut wie möglich zusammenspielt, finden in den Tagen davor traditionell die sogenannten Previews statt: voll ausgestattete Durchläufe vor Publikum. Am 18. Februar gab es da einen Schreckmoment an der Elbe: ein Wasserschaden im Bühnenbereich! Die Previews bis zum 21. Februar mussten abgesagt werden.
Da Preview-Tickets nur unwesentlich günstiger als normale Eintrittskarten sind, war das für Stage Entertainment finanziell ein herber Verlust. Aber noch viel wichtiger war die Frage, ob die Premiere pünktlich am 25. Februar stattfinden kann. Konnte sie. Hinter den Kulissen und auf der Bühne sind schließlich Vollblutprofis unterwegs, die sich von so einem Wasserschaden nicht abhalten lassen, eine Show auf die Beine zu stellen, die derart mitreißend ist, dass es bei der Premiere beim Applaus keinen einzigen Zuschauer mehr auf seinen Platz ließ. In diesem Sinne: herzlich willkommen an der Elbe, „Mary Poppins“!
Aufmacherbild: © Stage Entertainment