Das gesamte Spektrum abbilden
Entsprechend beliebt ist er bei den Musikerinnen und Musikern, die von weit herkommen. Bis zu neunzig Prozent der jungen Bewerber stammen aus dem Ausland. Je nach Instrumentenkategorie sind sie zwischen 17 und 29 Jahre alt, bei Ensembles höchstens 35 Jahre. In diesem Jahr gingen 345 Bewerbungen ein, 215 davon wurden zur Teilnahme nach München eingeladen. Sie verteilen sich auf die aktuell ausgelobten Kategorien Harfe, Kontrabass, Klaviertrio und Viola. Die vier Fächer wechseln jährlich. „Anders als in anderen Wettbewerben sprechen wir nicht nur Solisten an, sondern bilden das gesamte Spektrum eines Sinfonieorchesters ab“, erklärt Forster. „Dies geht auf die Historie des ARD-Musikwettbewerbs zurück. In der Nachkriegszeit wurden ja händeringend Nachwuchskräfte für die ausgedünnten oder neu gegründeten Rundfunkorchester gesucht. Die Etablierung der neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sorgte für einen Boom.“
Was hat sich in diesen über siebzig Jahren geändert? „Der Wettbewerb ist immer in Bewegung geblieben und hat sich weiterentwickelt. Es ist ja immer ein Learning, gerade nach der erzwungenen Corona-Pause“, erklärt Forster. Außerdem habe sich die mediale Präsenz im audiovisuellen Bereich und in den sozialen Netzwerken rasch erweitert.
Die Treue der Gewinner
Auch in diesem Jahr ist die Jury unter anderem wieder mit ehemaligen ARD-Preisträgern besetzt. Dabei sind die belgische Harfenistin Anneleen Lenaerts (ausgezeichnet 2009), der chinesische Bratschist Wen Xiao Zheng (ausgezeichnet 2008) und die Schweizer Geigerin Esther Hoppe (ausgezeichnet 2007). Meret Forster betont, dass auch dies eine Art von Nachhaltigkeit sei. Denn der Wettbewerb möchte nicht nur Konkurrenzkampf sein, sondern auch ein Meetingpoint, ein gesellschaftliches Ereignis, eine erste Kontaktaufnahme zur großen Familie. „Ich persönlich sehe jeden Musikwettbewerb zuallererst als Chance für die jungen Musikerinnen und Musiker. Wettbewerbe sind Plattformen, um auf sich aufmerksam zu machen. Allein sich darauf vorzubereiten, bedeutet zu wachsen und sich weiterzuentwickeln.“
Das Glückgefühl der Gewinner sei unbeschreiblich, das reiße sie immer wieder mit. Die künstlerische Leiterin hat für sie – und für alle Beteiligten – einen wunderbaren Ausdruck gefunden. Sie spricht von „Leidenschaftstätern“. Einer von ihnen ist Haruma Sato. 2019 gewann der japanische Cellist den Wettbewerb. Schon zuvor hatte er bei anderen internationalen Competitions teilgenommen, aber diejenige in München sei von allen die größte Herausforderung gewesen. Der Grund? „Weil es insgesamt vier Runden gibt, zwei davon mit Orchester.“ Die Vorbereitung sei harte Arbeit gewesen, erinnert sich der Cellist.
Begeistertes Publikum
Besonders präsent sei ihm heute noch die Begeisterung des Münchner Publikums. „Die zweite Runde war zum Beispiel wirklich gut besucht und ich konnte fühlen, dass die Menschen die Aufführung genossen haben und eifrig applaudierten. Es hat sich mehr wie ein Konzert und weniger wie ein Wettbewerb angefühlt, was sehr ermutigend war. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass München eine sehr musikalische Stadt ist.“
Das kann das durchschnittlich jüngere Publikum des Wettbewerbs auch in diesem Jahr wieder unter Beweis stellen. Die Vorspieltermine der Vorrunde, die am 28. August in der Kategorie Harfe beginnt, können bei kostenlosem Eintritt besucht werden. Nach den insgesamt acht entscheidenden Konzerten im jeweiligen Semifinale und Finale, für die Tickets verkauft werden, präsentieren sich die Gewinner schließlich in den drei großen Preisträgerkonzerten am 13., 14. und 15. September. „Es gibt regelrechte Wettbewerbs-Nerds, die bei möglichst allen Terminen dabei sind, weil sie einem Kandidaten, den sie ins Herz geschlossen haben, die Daumen drücken und seine Glücksgefühle beim Weiterkommen teilen“, sagt Meret Forster. „Das nenne ich Leidenschaft und Brennen für die Musik! Schöner könnte es kaum sein.“
Aufmacherbild: © Daniel Delang