Was haben Yehudi Menuhin, Frank Peter Zimmermann und Anne-Sophie Mutter gemeinsam? Alle spielen eine Stradivari. Die Instrumente des italienischen Geigenbauers üben eine ganz besondere Anziehungskraft aus. So auch auf Jost Thöne. Als Musiker, Publizist und Händler für wertvolle Streichinstrumente dokumentiert er seit 2010 in seinem eigenen Verlag das Schaffen des italienischen Meisters. Herausgekommen ist ein opulentes achtbändiges Gesamtwerk.

Musikalisch schon von Kindesbeinen an

Schon von Kindesbeinen an übte die Geige eine magische Anziehungskraft auf Jost Thöne aus. Aufgewachsen ist er in einer Musikerfamilie und spielte regelmäßig im Streichquartett mit seinen Geschwistern und seinem Vater, dem Komponisten Karl Thöne, einem Schüler des Geigenvirtuosen Tibor Varga. Thöne selbst entschied sich später für ein Bratschenstudium. Inzwischen ist er seit über dreißig Jahren selbstständig tätig, jedoch nicht als Musiker, sondern als Händler für Streichinstrumente. Zu seinen Kunden gehörten bereits Streicher der Berliner und Wiener Philharmoniker sowie bekannte Solisten.

Doch bald schon suchte Thöne nach neuen Herausforderungen. 2002 zog es ihn nach Italien, wo er sich neben seinen ersten Publikationen intensiv mit dem zeitgenössischen Geigenbau auseinandersetzte. „Der Neubau faszinierte mich neben den alten Italienern besonders, da ich insbesondere die Kraft der Skulptur in der Geige auch bei einigen wenigen zeitgenössischen Neubauern entdeckte“, erzählt er. „Diese Kontakte begleiten mich seit jeher und haben mein Wissen im Geigenbau über all die Jahre stets bereichert“. Doch es gibt einen Geigenbauer, der es ihm ganz besonders angetan hat: Antonio Stradivari.

"Antonio Stradivari", Band I-VIII
„Antonio Stradivari“, Band I-VIII © „Antonio Stradivari“ vom Jost Thöne Verlag

„Mythos Stradivari ist eigentlich gar keiner“

„Stradivari ist die Königsklasse“, erklärt Thöne begeistert. Kein Wunder, ranken sich doch noch immer etliche Mythen um den Italiener. Die verheißungsvollen Namen einiger seiner Instrumente wie „Sleeping Beauty“, „Lady Blunt“, „Golden Bell“ oder „Jupiter“ befeuern diesen Mythos zusätzlich. Lange Zeit hieß es, das Geheimnis der Instrumente liege in der besonderen Rezeptur des Lacks. Das konnten Forscher allerdings vor einigen Jahren widerlegen, nachdem sie die Rezeptur entschlüsselt hatten. Deswegen meint Thöne: „Der Mythos Stradivari ist eigentlich gar keiner, sondern Stradivari selbst war als Geigenbauer ein überaus eifriger, erfindungsreicher Ingenieur und gesegnet mit genialem Talent.“

Auch heute wollen viele Geigenbauer Stradivari kopieren und vergessen darüber etwas Eigenes zu schaffen. Dabei ließe sich der moderne Geigenbau nicht mit dem alten Geigenbau vergleichen, allein schon, weil die Anforderungen heute ganz andere sind, wie zum Beispiel die Größe eines Konzertsaals, findet Thöne. Dass die Stradivaris aber selbst in den modernen, sehr großen Konzertsälen klingen und tragen, fasziniert ihn ungemein. „Das spricht doch für die große Leistung Stradivaris, der den Geigenbau schon zu seiner Zeit zur Perfektion getrieben hat und die späteren Anforderungen an heutige Instrumente schon vorausgeahnt hatte.“

"Antonio Stradivari", Band I-VIII
„Antonio Stradivari“, Band I-VIII © „Antonio Stradivari“ vom Jost Thöne Verlag

Eine längst überfällige Publikation

Durch seine intensive Beschäftigung mit dem italienischen Geigenbauer stellte er bald fest, dass eine entsprechende Veröffentlichung längst überfällig war. „Bereits vorhandene Publikationen waren in den 70er Jahren sogar noch in Schwarz-Weiß“, erzählt Thöne überrascht. Die enorme Weiterentwicklung der Drucktechnik spielte ihm in die Hände: „Zwischenzeitlich waren selbst farbgetreue Abbildungen mit Drip Off Technik im Originalformat kein Problem mehr.“ Jetzt war der Weg frei für Jost Thönes einzigartiges Vorhaben: In seiner Publikation dokumentiert er in seinem eigenen Verlag die Meisterstücke Stradivaris. Sämtliche Geigen, Bratschen, Celli sowie Gitarren und Pochette (Taschengeigen) sind im Originalmaßstab 1:1 – zum Teil auf dreiseitigen Ausklapptafeln – abgebildet. Insgesamt erfasst das Gesamtwerk der acht Bände mit 300 abgebildeten Instrumenten nun rund zwei Drittel aller weltweit noch erhaltenen Stradivari-Instrumente, die zwischen 1667 und 1737 die Werkstatt Antonio Stradivaris im oberitalienischen Cremona verlassen hatten. Jedes Instrument wird hier auf ganz besondere Art und Weise gewürdigt.

"Antonio Stradivari", Band I-VIII
„Antonio Stradivari“, Band I-VIII © „Antonio Stradivari“ vom Jost Thöne Verlag

Inzwischen ist die gewichtige Publikation – tatsächlich wiegen die acht Bände insgesamt 50 kg – in über 40 Länder gewandert, hauptsächlich nach Deutschland, in die Schweiz, die USA und nach Japan. Das sind die Länder, in denen zudem die meisten der Instrumente zu finden sind. „Zudem wird China in absehbarer Zeit als neuer Markt eine wichtige Rolle spielen“, meint Thöne, der auch in Zukunft seine Augen und Ohren weit offen halten wird.

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Aufmacherbild: Violin Forensic Wien/„Antonio Stradivari“ vom Jost Thöne Verlag