Wenn „Jugend musiziert“ wie jedes Jahr seit 1964 zum Vorspiel lädt, strömen tausende junge Musiker verschiedenster Altersklassen zu den Wettbewerbsorten. Was einst als Programm zur Förderung des Orchesternachwuchs’ ins Leben gerufen wurde, ist längst zu einer Institution für musikbegeisterte Heranwachsende geworden, an der bis heute eine Dreiviertelmillion Kinder und Jugendliche teilgenommen haben. Ungebrochen ist die Begeisterung an dem Wettbewerb, bei dem die Teilnehmer während der Wertungsspiele in jeder Stufe, ob auf regionaler oder Landesebene bis hin zum Bundeswettbewerb, auf eine fachkundige Jury treffen. Doch ganz anders als man allgemein vermuten würde, wird die Juryarbeit bei den meisten Teilnehmern nicht als belastend empfunden – vielmehr ist die natürliche Barriere zwischen Teilnehmern und Juroren über die Jahre gesunken.

Die Arbeitsweise macht’s

Ein Grund dafür ist die sorgfältige Auswahl der einzelnen Jurymitglieder, die entsprechend auf der Regional-, Landes- bzw. Bundesebene getroffen wird. Berücksichtigt werden dabei Angestellte von Musikschulen, allgemeinbildenden Schulen, Musikfachverbänden und Hochschulen, wobei alle Ausbildungsinstitute pro Wettbewerbskategorie gleichmäßig vertreten sind. Nicht unwesentlich sind berufliche Erfahrung und pädagogische Kompetenz, weniger wichtig ist eine entsprechende Vorerfahrung in der Juryarbeit. Insgesamt besteht das Komitee aus einem Vorsitzenden und mehreren Fachjuroren, einschließlich eines Jurors für das Begleitinstrument.

Jury auf Wanderschaft

Doch nicht nur die gründliche Auswahl der Jurymitglieder ist für den Erfolg des Wettbewerbs maßgeblich, auch das transparente Wertungssystem spricht für einen fairen Umgang mit den Teilnehmern. Bis zu 25 Punkte kann ein Teilnehmer erreichen, wobei immer die künstlerische Gesamtleistung auf der Bühne berücksichtigt wird – exakt der Eindruck also, den sich ein Publikum von einem Künstler in seiner Gesamtheit auf der Bühne macht.

Sind bereits Preisträger: Jonathan Debus und Julius Schepansky
Jonathan Debus und Julius Schepansky sind bereits erste Preisträger „Jugend musiziert“ © Sebastian Haerter

Die vorläufigen Punkte der einzelnen Jurymitglieder werden nach dem Vorspiel zunächst schriftlich und ohne Diskussion abgegeben, was verhindern soll, dass sich Meinungsführer innerhalb der Jury herausbilden. Anschließend erfolgt eine Beratung, in der die einzelnen Juroren ihre Punktevergabe gegenüber den übrigen Jurymitgliedern begründen können. In der Regel steht die endgültige Punktzahl eines Teilnehmers nach Abschluss dieses Gesprächs fest. Die Punktevergabe des begleitenden Instrumentalpartners erfolgt nach einem Vorschlag des entsprechenden Jurymitglieds, welcher vom übrigen Komitee bestätigt werden muss.

Durch einen regelmäßigen Austausch der Juroren, beispielsweise von Bundesland zu Bundesland, wird der Gefahr der Voreingenommenheit einzelner Jurymitglieder ausgeschlossen, zudem darf kein Juror seine eigenen Schüler bewerten.

Dass generell das Bewertungssystem auf Wohlgefallen bei den Teilnehmern und ihren Begleitern trifft, ist an den wenigen Protesten gegenüber den Juryentscheidungen zu erkennen. Wenn dennoch Einwände auftreten, wird seitens der Jury sorgfältig auf die Kritik eingegangen.

Im Dialog mit den Jugendlichen

Die Juryarbeit hat sich im Laufe des Wettbewerbs stark verändert. So treffen die Jugendlichen nicht nur in den Wertungsspielen auf die Juroren, sondern haben auch in Beratungsgesprächen die Möglichkeit, über sich und ihre Leistung zu sprechen. Angeboten werden Vorbesprechungen, Auswertungsgespräche und allgemeine Beratungen.

Keinesfalls jedoch sind diese Angebote belehrenden Charakters, vielmehr soll ein Gedankenaustausch unter Musikerkollegen stattfinden sowie Feedback zum künstlerischen Vortrag erfolgen. Außerhalb dieser Gesprächsrunden, die entweder mit dem gesamten Gremium oder auch nur mit einzelnen Juroren geführt werden, dürfen jedoch keine Gespräche mit den Teilnehmern beziehungsweise ihren Begleitpersonen erfolgen.

Dass sich diese Gesprächsangebote positiv auf die Leistungen der Teilnehmer auswirken und auch dazu beitragen, die natürliche Hemmschwelle der Wettbewerbssituation abzubauen, ist klar durch die steigenden Teilnehmerzahlen zu belegen. Die eine oder andere Enttäuschung bleibt natürlich nicht aus – Wettbewerb bleibt schließlich Wettbewerb. Dennoch kommen viele der unzähligen Nachwuchsmusiker Jahr für Jahr wieder, um sich mit gleichaltrigen auf musikalischer und freundschaftlicher Ebene zu messen. Und so werden sich auch dieses Jahr wieder zahlreiche junge Talente dem Urteil der Jury beim Bundeswettbewerb in Paderborn stellen.

Aufmacherbild: Erich Malter