„Brügge sehen … und sterben?“ Dieser Spruch könnte ebenso gut auf Valletta zutreffen, denn die maltesische Hauptstadt ist ein Erlebnis in allen Facetten: Die barocken Fassaden, prunkvollen Paläste, unzähligen Kirchen, das glasklare Wasser und die rege Kulturszene sind dabei nur ein Bruchteil der Vielseitigkeit, die Maltas Hauptstadt auszeichnet. Besonders ihre reichhaltige Geschichte macht neugierig. Vieles ist bis heute sichtbar.

Den Grundstein für die kleinste und südlichste europäische Hauptstadt legte 1566 Jean Parisot de Valette, Großmeister des Malteserordens. Nach der Belagerung durch die Osmanen ein Jahr zuvor sollte die Stadt von nun an als Festung des Malteserordens dienen. Zwanzig Jahre dauerte die Errichtung der neuen Heimat für damals 4000 Einwohner und Ordensritter – de Valette erlebte die Fertigstellung nicht mehr, kam jedoch postum zur Ehre, Namensgeber der neuen Stadt zu sein. Erst im Laufe des 17. und 18. Jahrhundert rückten die militärischen Interessen, die zur Gründung führten, in den Hintergrund, und Valletta erblühte zur Barockmetropole, die mit der Eröffnung des Suez-Kanals 1869 auch noch zur bedeutenden Hafenstadt avancierte. Schon damals war Malta und damit auch Valletta britische Kronkolonie und erlangte erst 1964 die Unabhängigkeit.

Statue von Jean de La Valette, 49. Großmeister des Malteserordens und Begründer von Valletta

Gewissermaßen als Erbe dieser Zeit ist noch heute Englisch die Amtssprache neben der maltesischen Sprache. Deren Wortschatz ist zu 70 Prozent semitischen Ursprungs und daher dem Arabischen sehr ähnlich, dazu kommen noch italienische und englische Anleihen. Einflüsse der britischen Kultur finden sich an allen Ecken und Enden: Pubs, zweisprachige Straßenschilder und natürlich der Linksverkehr. An die Araber erinnern vor allem die hölzernen Alkoven vieler Fassaden.

Inzwischen locken Valletta und Malta vor allem Touristen an, die nicht nur wegen der architektonischen Schönheiten, sondern auch wegen des klaren Wassers und der zahlreichen Strände kommen. Es lohnt sich übrigens auch ein Abstecher auf die Insel Gozo, wo sich eines der beliebtesten Fotomotive befindet: Das „Azure Window“, also das „Blaue Fenster“ (maltesisch: Tieqa Żerqa), eine beeindruckende Felsformation, die man am besten bei einer Bootstour erkundet.

Die Felsformation „Azure Window“ und das vorgelagerte „Blue Hole“

Dank des milden Seeklimas halten sich die Temperaturen auch im Winter durchschnittlich um die 12 Grad. Besonders Liebhaber barocker Musik sollten ihre Reise am besten in dieser Jahreszeit planen: Vom 12. bis 28. Januar 2017 findet bereits zum fünften Mal das Valletta International Baroque Festival statt. Renommierte Barock-Spezialisten aus ganz Europa und den USA treffen sich dann in Maltas Hauptstadt. Auf dem Programm stehen Komponisten wie Bach, Händel oder Rameau, aber auch Werke von unbekannteren Komponisten, darunter die Lamentationes Jeremiae des böhmischen Barock-Komponisten Jan Dismas Zelenka oder das Oratorium San Giovanni Battista von Alessandro Stradella. Außergewöhnliche, thematische Aufführungen wie beispielsweise „Bach and the Russians“ oder „Inspired by Baroque“ ergänzen das Programm.

Konzert in der barocken St. John’s Co-Cathedral

Die Aufführungsorte des Festivals kann man zudem wunderbar nutzen, um gleich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Vallettas zu besuchen, allen voran der Großmeisterpalast, das prunkvollste Gebäude Maltas und Amtssitz des Staatspräsidenten. Dagegen nimmt sich die St. John’s Co-Kathedrale geradezu unscheinbar aus, sofern man sie nur von außen betrachtet. Der Innenraum hingegen gilt als einer der schönsten und prächtigsten des Mittelmeergebiets. Überhaupt befinden sich in der Stadt aufgrund der langen Ordenstradition zahlreiche Barockkirchen, die für das Festival in Konzertsäle verwandelt werden. Nicht umsonst wurde Valletta 1980 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt und wird 2018 europäische Kulturhauptstadt – als Kapitale des kleinsten EU-Staates, der jedoch zu den am dichtesten besiedelten Staaten weltweit gehört.

Und noch einen unverhofften Rekord dürfen Malta bzw. Valletta vorweisen: Der Grand Harbour ist einer von zwei Naturhäfen, die Maltas Hauptstadt Valletta flankieren, und gehört zu den tiefsten Naturhäfen des Mittelmeers. Bunte Fischerboote sind auf Malta allgegenwärtig und meist tragen sie christliche Namen – kein Wunder, denn 97 Prozent der Bevölkerung sind römisch-katholisch. Am Bug aber sind sie mit den Augen des Osiris, des altägyptischen Totengotts, verziert. Ein alter Glaube, der Wachsamkeit vor den Gefahren aus der Tiefe symbolisiert und die Fischer auf See beschützen soll. Totengott hin oder her: Für die Malteser ist das alles andere als ein Widerspruch, schließlich leben sie in einem Land, das aufgrund seiner geographischen Lage und seiner Vergangenheit ein Schmelztiegel der Kulturen ist.

visitvalletta.de

visitmalta.com/de

Kulturtipp:

Valletta International Baroque Festival
12. bis 28. Januar 2017

Mit European Union Baroque Orchestra, Haymarket Opera Company, The Sixteen, Simone Kermes und Cappella Gabetta, Centre Musique Baroque de Versailles, Concerto de’ Cavalieri, Valletta International Baroque Ensemble u.v.a.

vallettabaroquefestival.com.mt

Die traditionellen Fischerboote (Luzzu) sind typisch für Malta

Fotos: Fremdenverkehrsamt Malta, TheLiftCreativeServices/shutterstock